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Endzeitszenarien in Videospielen: Zur Fukushima-Modifikation im Videospiel Fallout 3

Robert Fuchs (Japanologie Frankfurt)


„Amerikas erste Wahl der postnuklearen Simulation“ - so wirbt der Entwickler der Fallout Videospielserie Bethesda Game Studios auf seiner offiziellen Internetpräsenz. Fallout 3, aus dem Jahre 2009, ist der dritte Ableger der Fallout Videospielserie, die sich, wie der Titel schon erahnen lässt, mit den Folgen eines Fallouts beschäftigt.

Die Handlung von Fallout 3 ist im Jahre 2277 angesiedelt. 200 Jahre nach einem globalen atomaren Krieg wurden die überlebenden Bewohner von Washington D.C. in einer Zufluchtsstätte namens Vault 101 untergebracht. Vault 101 ist das Zentrum des Wastelands, in dem sich die Handlung von Fallout 3 entwickelt. Die Folgen des atomaren Kriegs haben die Vereinigten Staaten in Schutt und Asche gelegt und es wimmelt von gigantischen Insekten, Gangstern, Sklaventreibern und Supermutanten. So genannte „Vault-Tec-Techniker“ arbeiten an Waffen und anderen Techniken, die dabei helfen, in der Ödnis zu überleben und sich gegen Monster und Mutanten wehren zu können.

Der Spieler übernimmt die Rolle eines Pseudonyms und macht sich auf die Suche nach dessen Vater, der die Zufluchtsstätte Vault 101 verlassen hat und in die weite Ödnis verschwunden ist. Fallout 3 bietet dabei „eine groß angelegte Welt, einzigartige Kampfsequenzen, schockierend realistisches Bildmaterial, tonnenweise Auswahlmöglichkeiten und eine unglaubliche Besetzung dynamischer Charaktere“. Neben den existierenden Supermutanten und anderen Kreaturen, hat der Spieler zeitweise auch mit der hohen radioaktiven Strahlenbelastung zu kämpfen. Die Strahlenbelastung wird dem Spieler über ein „Rad-Meter“ mitgeteilt, welches man stets im Auge behalten sollte. Fallout 3 gibt dem Spieler eine beinah grenzenlose Entscheidungsfreiheit in der Gestaltung des Handlungsablaufs. Je nachdem, ob man sich feindselig oder gutmütig gegenüber den anderen Charakteren zeigt, wirkt sich dies dementsprechend auf den Verlauf des Spiels aus. Fallout 3 besitzt eine gigantische Spielwelt mit einem fiktionalen Szenario, versehen mit großen Monumenten der Vereinigten Staaten, die in postapokalyptischen Trümmern liegen.


Fallout 3 ermöglicht dem Spieler, über einen Editor, das Erstellen eines zusätzlichen Inhalts. Solche Inhalte werden in der Videospiel-Szene als Modifikation (kurz: Mod) bezeichnet und können über das Internet, beispielsweise über http://www.fallout3nexus.com/, mit anderen Fallout 3 Spielern ausgetauscht werden. Eine Mod übernimmt das Grundprinzip des Originalspiels und lässt beispielsweise das Erstellen einer neuen Umgebung zu. Dabei werden dem Ersteller keine Grenzen gesetzt mit welcher Thematik sich eine Mod auseinandersetzt oder welchen Ort eine solche Modifikation darstellen soll. Spieler, die eine solche Mod erstellen, nennt man auch Modder.

Am 1. April 2011 veröffentlichte ein 25-jähriger Spieler mit dem Namen „KOBJ“ eine Mod für Fallout 3, die das havarierte Atomkraftwerk von Fukushima im Spiel darstellte. Was zuerst als Aprilscherz angesehen wurde, entpuppte sich schnell als Tatsache. Die Meinungen der Fallout 3 Spieler, auch aus Japan, reichen von begeistert, bis angewidert, schockiert und manche halten diese Mod sogar für desaströs.

Das TEPCO Gebäude in der Modifikation des Spiels Fallout 3

Das Erscheinen einer solchen Modifikation warf unter anderem Fragen auf, ob es zu früh sei, die Geschehnisse von Fukushima in einem Spiel zu verarbeiten, da Japan selbst noch mit den Folgen der Katastrophe zu kämpfen hat. Die Folgen des Erdbebens mit einer Stärke von 9.0, des verheerenden Tsunami und der radioaktiven Lecks sind immer noch präsent. Handelt es sich dabei also um Geschmacklosigkeit, mit der der Ersteller versucht Aufmerksamkeit zu erlangen oder handelt es sich dabei tatsächlich um einen Versuch, einen Einblick in das zerstörte Atomkraftwerk von Fukushima zu ermöglichen?

Die 4 Reaktorblöcke des havarierten Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi in der Modifikation des Spiels Fallout 3

Da das Originalspiel Fallout 3 jedoch auf einer düsteren Zukunftsvision, in einer von atomaren Katastrophen leidenden Welt basiert, lässt diese Mod viel Raum für Kritik zu. Eine solche Mod ist vergleichbar mit der Aufmachung eines weiteren Videospiels namens S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl, das die Geschehnisse von Tschernobyl aus dem Jahr 1986 aufgreift. Eine Stellungnahme des Erstellers der Modifikation existiert bislang nicht und überraschenderweise wurde sie von dem Ersteller mittlerweile entfernt und ist nicht mehr zugänglich[1]. Grund dafür war wohl auch die heftige Kritik, die die Mod seitens der Spieler auslöste.

Die Mod ermöglichte es dem Spieler das Kraftwerk, sowie das TEPCO Gebäude zu betrachten. Jedoch war es nicht möglich, in das Innere des Kraftwerks zu gelangen, da die Strahlenbelastung zu hoch ist und der Spieler bei dem Versuch sterben würde.

Deutsche Videospielseiten reagierten mit Schlagzeilen wie „Zu früh?“, „Geschmacklos?“,  „Nein, das ist kein Aprilscherz von uns, sondern pure Realität. Was sich der Ersteller dabei gedacht hat, ist jedoch eine ganz andere Frage“ oder „bizarr“.

Es folgen Übersetzungen ausgewählter Kommentare von japanischen Spielern, die sich auf der Internetseite http://jin115.com/archives/51765078.html zur Mod geäußert haben. Es sei besonders auf die anti-amerikanischen Kommentare hingewiesen.

  •   1  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:30 返信する

Die Nachstellung ist hochwertig

  • 2  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:30 返信する

Entsetzlich!

  • 4  名前: 2011年04月01日 13:31 返信する

Mach keine Witze! Scheiß Amerika!

  • 5  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:31 返信する

Noch einer der vom Wasteland kontaminiert wurde…

  • 6  名前: 2011年04月01日 13:32 返信する

Die erste

  • 7  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:32 返信する

Ja, das ist nicht gut

  • 8  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:32 返信する

Stirb Amerika!

  • 11  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:33 返信する

Schließlich ein Ami, der das Ausmaß der Atombombe nicht kennt
Der  weiß nichts über die Strahlengefahr in unserem Land

Ein Unmensch, der in unserem Land Atomtests durchgeführt hat

  • 12  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:33 返信する

Es würde nichts ausmachen, wenn es ein anderes Gebäude wäre, nicht wahr?

  • 13  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:34 返信する

Die Anti-Amerikaner kommen~

  • 15  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:36 返信する

Der Ersteller ist ein Japaner…

  • 16  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:37 返信する

Bitte auch Monster von Shiba-Hunden, Ziegen und Enten in die Mod einfügen

  • 17  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:38 返信する

Das ist der falsche Ort für einen Scherz. Der hat kein Verständnis und ist ungebildet

  • 18  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:39 返信する

Auch wenn es das vom Erdbeben betroffene Gebiet ist,
ist die Atomkraft ein wenig ein „verdientes Los“ für die „menschenverursachte Katastrophe“, deshalb ist daran überhaupt nichts unangebracht.

  • 19  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:39 返信する

Die Dummheit sprudelt heraus~

  • 20  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:40 返信する

Es wird mit der Zeit auch eine Mod für Stalker kommen

  • 22  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:42 返信する

Ist der bei einer Videospielfirma angestellt?

  • 23  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:42 返信する

Extrem dumm!

  • 24  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:43 返信する

Was ist dabei, wenn eine Mod Infos über die gefährliche Situation Japan gibt?
Das gab es auch schon bei Call of Duty[2] mit Tschernobyl.

  • 25  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:44 返信する

Es gibt verschiedene Menschen an verschiedenen Orten, nicht? Nur um das gesagt zu haben

  • 26  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:45 返信する

Absolut erstaunlich!

  • 27  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:45 返信する

Der Alte im Tenpenny Tower[3] ist bestimmt der Chef von TEPCO

  • 28  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:46 返信する

Die Verspottung von TEPCO mit dem Tenpenny Tower ist urkomisch

  • 29  名前: 名無しゲーマーさん 2011年04月01日 13:46 返信する

Rund um das Gebiet, ist die Erde voller Spuren der Verwüstung.

Das TEPCO Gebäude ist ganz schön hoch



Quellen:



S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl

Im Jahr 1986 ereignete sich die erste große Atom-Katastrophe der Geschichte. Es kam zu einer Explosion des Reaktors 4 im Atomkraftwerk von Tschernobyl in der Ukraine, bei der unzählige Menschen ihr Leben verloren und eine strahlenbelastete Sperrzone von 30 Kilometern zur Folge hatte. Es dauerte neun Tage bis der, durch extreme Hitze belastete, Reaktor 4 mit Sand bedeckt und somit das Feuer gelöscht werden konnte.

Bereits im Jahr 2007 erschien ein Computerspiel, das seiner Zeit für Aufregung sorgte. S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl von dem ukrainischen Entwicklerstudio „GSC Game World“ nimmt die Geschehnisse des Reaktorunfalls von Tschernobyl aus dem Jahr 1986 auf und versetzt den Spieler in ein fiktionales Szenario mit Explosionen im Reaktor und Anomalien in der Sperrzone.

Bei S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl handelt es sich um ein Action-Spiel aus der Ego-Perspektive mit einer detailgetreuen Nachbildung des zerstörten Atomkraftwerks von Tschernobyl und dessen umliegender Sperrzone von 30 Kilometern. Der Spieler befindet sich im Jahr 2012 und hat die Aufgabe „seltsame Artefakte“ zu finden, die für die Wissenschaft von Bedeutung sind, und die Geheimnisse, die inmitten dieser Sperrzone liegen, zu lüften. Weiterhin ist es die Aufgabe des Spielers, sich gegen menschenähnliche oder tierähnliche Mutanten und feindliche Banditen zu wehren.

Man übernimmt die Rolle eines so genannten S.T.A.L.K.E.R.[4]  und versucht im Rahmen der Handlung „in dieser von Menschenhand geschaffenen Hölle um das Überleben zu kämpfen, während Sie gleichzeitig versuchen, die Wahrheit über Tschernobyls schreckliche Vergangenheit und seine ungewisse Zukunft herauszufinden“, wie es auf der offiziellen Internetpräsenz der Entwickler heißt.

Das Spiel greift eine düstere Atmosphäre auf, unterstützt durch Horrorelemente, Halluzinationen und Traumsequenzen. Aufgrund der exzessiven und realistischen Darstellung von Gewalt und Horrorelementen erhielt das Spiel in Deutschland die USK[5] Einstufung „keine Jugendfreigabe“.

Die Idee von S.T.A.L.K.E.R. basiert auf einer „Was wäre wenn…“-Hypothese. Nach den Geschehnissen von 1986 wurde in Tschernobyl eine Antenne installiert, die für psychotropische Experimente eingesetzt wurde. Das Entwicklerteam von „GSC Game World“ war bei ihren Recherchen vor Ort tatsächlich auf eine solche Antenne gestoßen, was ihnen eine Basis für die Handlung von S.T.A.L.K.E.R. ermöglichte, die ein solches Experiment mit realitätsbezogenen Verschwörungstheorien aufgreift. Die Entwickler verbrachten mehrere Tage in Tschernobyl um Foto- und Videoaufnahmen von den „leeren Straßen von Prypjat, dem maroden Sarkophag von Reaktor 4, dem Roten Wald, den zerstörten Siedlungen und dem verstrahlten Fahrzeugfriedhof“  zu machen. Möglichst detailgetreu sollte das fiktionale Tschernobyl in S.T.A.L.K.E.R. wirken und durch das hinzufügen von Monstern, schufen die Entwickler „genau die Atmosphäre, die [sie] haben wollten“.

Das Konzept von S.T.A.L.K.E.R. bietet einerseits einen Einblick in ein mögliches Endzeitszenario, das von den Folgen einer atomaren Katastrophe gezeichnet wurde. Andererseits lässt es auch viel Kritik zu, denn eine Umsetzung eines Spiels, das sich auf ein atomares Unglück bezieht, mittels eines Action-Genres, mag für manchen doch sehr anmaßend wirken. Generell besteht die Frage, ob es auf ethischer Ebene akzeptabel ist, ein solches Szenario mit Hypothesen zu schmücken. Ein zerstörtes Kraftwerk und ein verwüstetes Sperrgebiet sind die eine Sache, doch Mutanten, die mit Waffengewalt bekämpft werden, ist etwas, das nicht für jeden vertretbar ist. Die Versetzung einer atomaren Katastrophe in eine Spielwelt mag vielleicht nicht gänzlich abscheulich oder ohne Ethik zu werten sein, jedoch muss der Umgang mit einer solchen Materie gut überdacht werden und die Entwickler haben die Aufgabe sensibel mit der Thematik umzugehen. Die Entwickler von S.T.A.L.K.E.R. sprechen zwar von einer „Was wäre wenn…“ Situation und einem fiktionalen Szenario, jedoch schweifen sie durch die realistische Umsetzung des Sperrgebiets von dieser fiktionalen Idee ab.

Dies war mitunter auch ein Grund für die harte Kritik an S.T.A.L.K.E.R., die dadurch zustande kam, dass vor dem Hintergrund der atomaren Katastrophe gewaltverherrlichende Elemente, in Form von Mutanten und Monstern in das Spiel integriert wurden, die es zu töten gilt.



Quellen:

 

 


 

Abschlussdiskussion:

Die Verarbeitung eines der größten denkbaren Katastrophenszenarios in einem Videospiel wirft eine Vielzahl von Fragen auf und stößt auf viel Kritik. Aus ethischer Sicht muss eine gewisse Distanz bewahrt werden. Ob ein Videospiel für die Einsicht in eine solche Katastrophe geeignet ist, liegt im Auge des Betrachters. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum die oben genannten Spiele so viel Kritik erhielten. Andererseits erlangten Spiele mit Endzeitszenarien im Laufe der Zeit große Beliebtheit seitens der Spieler.

Doch möchte man ein so grausames und schockierendes Erlebnis in einem Videospiel wiederfinden? Kann ein Videospiel, das ein atomares Szenario behandelt, überhaupt dem Spielspaß dienen? Die Entwickler von Videospielen scheinen vor keinem Unglück halt zu machen und profitieren von der Sensationslust der Konsumenten. So erhoffte es sich vermutlich auch der Ersteller der Fukushima Modifikation und löste damit eine kritische Diskussion in den sozialen Internetforen der Spieler aus.

Diese Diskussion warf die folgenden Fragen auf: Wann trifft der Moment ein, bei dem die Aufregung um solche Katastrophen allmählich abflacht? Ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Vorfälle von Fukushima in Videospielen weniger ernsthaft betrachtet werden, so wie es auch im Fall von Tschernobyl geschehen ist? Eine Antwort darauf werden die Entwickler möglicherwiese in ein paar Jahren geben, wenn sie sich dafür entschieden haben, ein Videospiel zu entwickeln, das die Geschehnisse von Fukushima aufgreift und die Spieler in Zukunft möglicherweise ein Videospiel namens „S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Fukushima“ im Handel kaufen können. Zu prognostizieren ist, dass in naher Zukunft kein Videospieltitel rund um Fukushima erscheinen wird, da die Lage in Japan momentan instabil ist und wie sich im Fall der Fukushima Mod gezeigt hat, eine solche Thematik bei der Mehrheit der Spieler keinen Anklang findet.

 


[2] Titel eines Videospiels mit einem Kriegsszenario

[3] Gebäude im Originalspiel Fallout 3

[4] Abkürzung für „Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer and Robber, übersetzt: Aasfresser, Landstreicher, Abenteurer, Einzelgänger, Mörder, Forscher und Räuber.“.

[5] Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. http://www.usk.de/

 

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