Der folgende Beitrag ist die Übersetzung eines Textes von Kumasaka Hitomi, die die Fukushima-Version von Pharrell Williams' "Happy"-Video gedreht hat.
Pharrell Williams „Happy“ – Fukushima edition – Die neuen Möglichkeiten lokalen Contents
Kumasaka Hitomi | Social Media Producer
04.06.2014, 12:42
Quelle: http://bylines.news.yahoo.co.jp/kumasakahitomi/20140604-00036011/, letzter Zugriff: 18.06.2014
Videos, in denen verschiedene Menschen zum Super-Hit von Pharrell Williams “Happy” tanzen, sind seit Anfang des Jahres zu einer weltweiten Bewegung angewachsen. Dies ist sozusagen die globale Version des AKB48-Hits „Koi suru Fortune Cookie“ (kurz: „koi chun“). Bisher wurden an die 1800 lokalen Versionen „Happy“-Videos aus 147 Ländern auf YouTube hochgeladen und deren Zahl steigt weiterhin.
Wie beim japanischen „koi chun“ ist auch bei „Happy“ die Choreographie nicht festgelegt, sodass man nichts einstudieren muss und sich einfach beim freien und ungezwungenen Tanzen filmen und das Ganze zusammenschneiden kann. Damit ist es äußerst einfach.
Die Ende April in Japan aufgenommene Harajuku-Edition erregte große Aufmerksamkeit und eine Stadt nach der anderen begann ihre lokale Version zu drehen. So gibt es z.B. eine Tokushima-Edition mit dem traditionellen Awa-Tanz.
Da ich im letzten Jahr meinen Lebensmittelpunkt von Tokyo zurück in meine Heimat Fukushima verlegt habe, hat mich die Harajuku-Edition angespornt, auch eine Version in meiner Heimat Fukushima zu drehen. Da Fukushima ein Katastrophengebiet ist, hat die Stadt tendenziell noch das Image, ein dunkler Ort zu sein, in dem die Leute auf den Straßen nur mit Masken herumlaufen, aber in Wirklichkeit leben die meisten Leute ein normales, happy Leben. Vielmehr gibt es gerade viele Menschen, die noch bestimmter und entschlossener sind und einen starken Lokalpatriotismus pflegen. Ich fand, dass man diese Stimmung so wie sie ist gerade mit dem Happy-Video gut rüberbringen kann.
Mit Freunden, die mitmachen wollten, haben wir gleich nach der Golden Week (Anfang Mai, Anm. d. ÜS.) mit dem Filmen begonnen. Ca. 200 Darsteller versammelten sich, unter ihnen lokale Schlüsselpersönlichkeiten wie der Bürgermeister von Fukushima, der Star Nasubi-san und der Bahnhofsvorsteher des JR-Bahnhofs Fukushima. Sie haben im Laufe von 2 Wochen vor allem in der Stadt Fukushima Stück für Stück die Aufnahmen durchgeführt. In den 4 Minuten des Videos ist zwar die Zeit, die eine einzelne Person zu sehen ist, nur auf wenige Sekunden begrenzt, aber das Material, das wir gesammelt haben, wuchs insgesamt trotzdem auf gigantische 314 GB an.
Letzten Montag haben wir das Video endlich fertiggestellt und auf YouTube hochgeladen.
Die Reaktionen haben unsere Erwartungen bei weitem übertroffen: Unmittelbar nach der Veröffentlichung wurde in den nationalen Medien über das Video berichtet und am selben Tag noch wurde es einflussreichen Leuten im englischsprachigen Raum vorgestellt.
Aktuell liegt der Zugriff aus Japan bei 75%, aber die ausländischen Zugriffe steigen unaufhörlich an und belaufen sich inzwischen auf 121 Länder u.a. in Amerika, Europa, Asien und dem mittleren Osten. Auch in der Kommentarspalte sieht man eher Englisch als Japanisch, und die anderen Sprachen wie Französisch und Thai, die sich darunter mischen, zeigen nur, wie sich das Ganze zu einer wahrhaftig globalen Sache entwickelt hat.
Ich habe schon über 100 YouTube-Videos produziert und mit „YouTube im Business benutzen“ (YouTube wo bijinesu ni tsukau hon) eine Art Gebrauchsanweisung für YouTube geschrieben, aber das war alles nur auf Japanisch. Mit diesem Video habe ich das erste Mal einen globalen Content ohne Sprache erstellt. Ich habe die Reaktionen gesehen, die sich völlig von denen rein national orientierten Contents unterscheiden, und damit am eigenen Leib miterlebt, dass YouTube eine globale Plattform ist und dass es die Macht hat, „auf einen globalen Boom aufzuspringen“.
Es ist zwar erst der dritte Tag nach der Veröffentlichung und ich möchte keine vorschnellen Schlussfolgerungen ziehen, aber ich denke, dass „Happy“-Videos ein idealer Content sind, um nicht nur gegenüber dem nationalen, sondern auch gegenüber dem globalen Publikum auf natürliche Art und Weise den Reiz einer Gegend zu präsentieren.
Im Unterschied zu „koi chun“ gibt es keine Einblendungen zur Erläuterung von Orten und Personen, aber durch die richtige Auswahl des Hintergrunds der Tänzer kann man etwas Lokalkolorit hinzufügen. Bei „Happy Fukushima“ wird vor dem Hintergrund von typischen Touristenorten wie dem Fukushima-Bahnhof, dem Jōdotaira-Moor, dem Takayu-Onsen und dem Noji-Onsen getanzt, die Beschäftigten des Sake-Kellers Fukushima tanzen für uns mit Sake in der Hand, und wir haben versucht, auch typische Souvenirs wie die volkstümlichen Spielzeug-Wackeltiere „Akabeko“ und die Kokeshi-Puppen aus dem Tsuchiyu-Onsen mit einzubauen. Den größten Reiz am Happy-Video macht aus, dass man den Reiz eines Ortes im Rhythmus mit nur einer Idee rüberbringen kann, weil man frei nur Bilder aussendet.
Da es kein Werbevideo für Touristen ist, kann man nicht gleich nach dem Anschauen des Videos eine Reise dahin buchen, aber soweit ich mir die vielen Kommentare aus dem In- und Ausland wie diese hier ansehe
„Ein Video mit toller Atmosphäre! In Japan gibt es viele schöne Orte und durch das Video habe ich gemerkt, dass man diese auch auf diese Weise präsentieren kann. Da möchte man gleich hinfahren!!“
„Großartig! Bei den vielen lachenden Gesichtern bin ich selbst gleich happy geworden“
habe ich das Gefühl, dass das Video einen kleinen Teil dazu beiträgt, dass das Image Fukushimas ein bisschen besser wird.
Wenn die Leute, die sagen: „Ich vermeide Reisen nach Fukushima, weil ich davor irgendwie Angst habe“ zumindest um einen weniger werden, hatte es für die Produzenten und die mitwirkenden Tänzer, die das Ganze auf eigene Kosten produziert haben, einen Sinn.
Nicht nur von außerhalb kommen interessante Reaktionen, sondern auch aus Fukushima selbst.
Auf Facebook und Twitter sind es nicht nur die Teilnehmer selbst, sondern auch deren Freunde, die mit Kommentaren wie „Mein Bekannter tritt darin auf!“ das Video teilen und dessen weiteren Verlauf freudig beobachten, fast wie bei einem Schreinfest die Senfte (omikoshi).
Zwar haben wir das Video als globalen Content mit globaler Reichweite produziert, aber eigentlich ist auch ein Content, der die lokale Bevölkerung erfreuen und den Zusammenhalt stärken kann. Nächste Woche veranstalten wir eine Feier für alle Mitwirkenden am Video, zu denen auch der Bürgermeister zählt, wir zeigen das Video sowie unveröffentlichte Szenen und planen eine Veranstaltung, die allen Spaß macht.
Ein Happy-Video ist ganz einfach herzustellen. Übertrieben gesprochen muss man einfach nur ein paar Leute versammeln und sie am selben Ort tanzen lassen. Dann ist der Film in einem Tag fertig. Wenn man die Sache aber ernst nimmt und eine sehr hohe Zahl an Mitwirkenden hat und sich über die Locations viele Gedanken macht, braucht man schon mehr Zeit zum Filmen und Schneiden. Bei der Fukushima-Edition haben alle ihre ganzen Kräfte mobilisiert und entsprechend viel Energie investiert. Es hängt von den Produzenten ab, wie viel sie da hineinstecken möchten, aber ich finde, dass es wie bei anderem Content auch hier so ist, dass sich die investierte Mühe auch entsprechend lohnen wird.
Vor allem fand ich, dass die Person, die am meisten happy wird, diejenige ist, die das Video macht. Es hat so viel Spaß gemacht, dass die 2 Wochen wie im Flug vergangen sind.
Wie lange wohl der Happy-Boom noch anhalten wird, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Vielleicht flaut er schon im Sommer ab und er ist bald nur noch Schnee von gestern. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass die lachenden Gesichter „ganz normaler Menschen“, die auf die simple Message von Pharrell Williams „klatscht in die Hände, wenn ihr euch happy fühlt“ reagieren, universal sind und weder modisch sind noch aus der Mode kommen können.
Was mir bei der Produktion von Happy am meisten aufgefallen ist, ist, dass es nicht die Orte wie historische Sehenswürdigkeiten oder die Dinge wie Souvenirs sind, die den Reiz einer Gegend ausmachen, sondern die Menschen, die dort leben. Die Körpersprache, die im freien Tanz zum Ausdruck kommt, lässt die Zuschauer den Charakter, das Leben, den Hintergrund, das Glücksgefühl der Tanzenden spüren und ohne es zu merken strahlt man urplötzlich über beide Ohren. Selbst Personen, die auf den ersten Blick ernst und erwachsen wirken, lassen sich auf die Musik ein und zeigen wirklich die vielfältigsten Arten des Ausdrucks ihrer Persönlichkeit, sodass man nicht anders kann als gerührt zu sein.
Menschen und lächelnde Gesichter.
Dies ist wohl die Essenz des Happy-Contents.
Wenn Sie das Happy-Fukushima-Video gesehen haben und nun sofort ein Video in Ihrer eigene Stadt drehen wollen, nehme ich gern Fragen entgegen. Ich wünsche mir, dass sich die Bewegung, die eigene Stadt und das ganz persönliche Happy der Welt auszusenden, noch weiter und weiter ausbreitet.
Anmerkung:
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熊坂 仁美
Kumasaka Hitomi
Social Media Producer
Abschluss an der Keiō-Universität, danach 19 Jahre lang Hausfrau. Erster Kontakt mit der Arbeitswelt durch Teilzeitjobs. Als Interview-Autorin 2010 mit Social Media in Berührung gekommen, Beginn der Forschung. Ausbildung zum Social Media Manager in Unternehmen und Vertreterin der Social Media Labs AG, die im Consulting tätig ist. Autorin von „Facebook im Business benutzen“ (Facebook wo bijinesu ni tsukau hon), „YouTube im Business benutzen“ (YouTube wo bijinesu ni tsukau hon) u.a. Regemäßiges Mitglied im digitalen NHK-Kurs „Shumi-DO-raku“.
Übersetzung durch Dorothea Mladenov